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Die 83-jährige Autorin beschreibt in Form eines Tagebuchs ihren Alltag mit ihrem behinderten Sohn Jörg. Dabei geht sie auf das Unverständnis vieler Mitmenschen zu DDR-Zeiten ein, als die Krankheit Down Syndrom noch weitgehend tabuisiert wurde. Gleichzeitig hielt die Familie immer fest zusammen, dadurch konnten viele Schwierigkeiten gemeistert werden. Trotz der Behinderung ihres Sohnes konnte Wilma Maulhardt berufstätig sein, auch diese Erinnerungen spiegeln sich in den Aufzeichnungen wieder. Da Jörgs Bruder mit seiner Familie in Südafrika lebt und ihr Mann vor einigen Jahren gestorben ist, sorgt sie nun wieder ganz allein für ihren Jörg. Ihre Gedanken wandern zurück in die Jugendzeit oder beschäftigen sich mit aktuellen politischen Themen. Dazu hat sie viele Dokumente, Fotos und eigene Zeichnungen geordnet. Oftmals fragt sie sich, wie es weitergehen soll.....



 


Wilma Maulhardt, Betreuerin Frau Lukas und Jörg bei der Buchvorstellung            


Leseprobe:

Sonntag, 3. Dezember

Ich brachte neue Gardinen im Wohnzimmer an. Die alten waren aus dichtem Stoff und hingen ziemlich lang herunter. Von der neuen Verkehrsampel an unserer Straßenkreuzung war fast nichts zu sehen. Dabei standen aber dadurch nun die interessantesten Fahrzeuge direkt vor unserem Fenster und Jörg musste immer die Gardine beiseite schieben, wenn er das Geschehen an der Ampel beobachten wollte. Dies tat er so energisch, dass die Röllchen aus der Schiene sprangen und ich jedes Mal die Leiter holen musste, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Also habe ich die alten Gardinen kurzerhand entsorgt und neue, frische, kurze Bistrostores angebracht. Das gesamte Zimmer wirkt viel heller und freundlicher. Jörg strahlte über das ganze Gesicht, als er die Veränderung sah. Auch ohne Worte verlieh er seiner Freude Ausdruck, viele Streicheleinheiten erhielt ich an diesem Tag und immer wieder klatschte er vor Freude in die Hände. Wenn nun die Feuerwehr oder ein Krankenwagen mit „Tatütata“ vorüberbrausen, dann hat er freie Sicht und signalisiert mir mit erhobenem Daumen: „Das war eine spitzenmäßige Idee, Mutti!“


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